Unterstützung verteilter Teamarbeitsprozesse in der globalen Produktentwicklung - annotiertes Kommunikationsmodell


Diana Völz

Forschungsgegenstand dieser Arbeit ist die Analyse der veränderten Teamarbeit der Entwicklungsingenieure aufgrund einer globalisierten Produktentwicklung. Dies beinhaltet die Identifikation der Defizite und die Entwicklung eines Konzeptes zur möglichen Unterstützung dieser Produktentwicklungsform. Die Trennung und/oder Verteilung von Entwicklungs- und Produktionsstätten wurden bereits seit geraumer Zeit vollzogen. Im Gegensatz dazu ist eine Verteilung der Produktentwicklung in der Praxis eher neu. Es können grundsätzlich drei Tendenzen in der Verteilung der Produktentwicklung beobachtet werden.

Unternehmenszusammenschlüsse sowie Entwicklungsprojekte in Kooperationen sind die Hauptgründe für ein globales Re-engineering der Produktentwicklung. In diesen Zusammenschlüssen stellen gleichrangige Entwicklungspartner ihre oft redundanten Kompetenzen in der Entwicklung in Konkurrenz zueinander und werben konzernintern um Projekte. Ziel ist es, durch Modularisierung der Produkte den Entwicklungsaufwand zu reduzieren. Dabei ist Wissens-, Informations- und Datentransparenz konzernintern zwingend, jedoch in der Praxis schwer umsetzbar, sei es aus mangelndem Vertrauen innerhalb des globalen Teams oder aufgrund der Angst um den eigenen Arbeitsplatz.

Ein weiterer Trend in der Produktentwicklung ist die Auslagerung von Entwicklungsprojekten, einerseits aus Ingenieursmangel vor Ort, andererseits aus Kostengründen. Meist sind die ausgelagerten Projekte in sich abgeschlossene Entwicklungen von Komponenten oder Systeme, die über Schnittstellen in den vorgegebenen Bauraum eingepasst werden müssen. In diesen verteilten Entwicklungen ist die Hierarchie zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer klar definiert: Der Auftraggeber stellt Anforderungen an den Entwicklungsprozess und die gewünschten Entwicklungsergebnisse, an die der Auftragnehmer gebunden ist. Dennoch müssen Entwickler auch hier über Ländergrenzen und Zeitzonen hinweg miteinander arbeiten.

Eine Verschärfung der Bedingungen in der Produktentwicklung stellen so genannte 24/7-Entwicklungen dar, eine Entwicklungsmanagementmethode zum Einsparen von Entwicklungszeiten. In dieser Vision arbeiten Entwickler 24 Stunden 7 Tage lang an der Entwicklung eines Bauteils über Zeitzonen hinweg. Zur Umsetzung dieser Vision müsste jedoch Konstruktions- und Produktentwicklungswissen formalisierbar sein.

In all diesen Fällen arbeiten und kommunizieren Entwickler über Informations- und Kommunikationstechnologien miteinander, d. h. Entwicklungsgespräche (der Transfer von Wissen) finden nicht mehr „face-to-face“ statt, sondern über Medien. Die Konsequenzen aus der veränderten (computerunterstützten) Interaktion innerhalb eines Entwicklerteams in einem globalen Umfeld zeigen die Relevanz wissenschaftlicher Untersuchungen.

Ziel dieser Dissertation ist es, die Herausforderungen innerhalb der „neuen“ Arbeitsweise im Team der Entwicklungsingenieure zu identifizieren und diese durch eine technologische Lösung zu unterstützen.

In Laborversuchen sowie Feldstudien in anderen Branchen schneidet computergestützte vs. „face-to-face“ Gruppenarbeit hinsichtlich Effizienz, Effektivität und Zufriedenheit ähnlich gut ab. Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) sowie spezielle web-basierte Engineering Portale gewinnen zunehmend an Bedeutung in der globalen virtuellen Produktentwicklung.

Neben einer ausführlichen Literaturrecherche zum Stand der Technik (mit Hauptfokus auf genutzte Technologien aber auch bzgl. Organisationsstrukturen (Aufbau- und Ablauforganisation) der globalen Produktentwicklungsprojekte) wurde der Stand der Praxis anhand von Experteninterviews überprüft. Durch Beobachtungen eines studentischen globalen Produktentwicklungsprojekts wurden zusätzlich Teamprozesse (mit Fokus auf die Interaktion im Team mittels Technologien) untersucht. Technologien zum Austausch von Entwicklungsdaten und deren gemeinsamen Verwaltung in Portalen gibt es, jedoch werden bislang nicht alle technischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Die strukturellen Rahmenbedingungen der Projekte sowie die Flexibilität in der Projektarbeit stellen eigene Ansprüche an die eingesetzten Technologien. Ergebnisse zeigen Defizite bezüglich der Unterstützung der speziellen Kommunikationsanforderungen in globalen Produktentwicklungsprojekten auf. Technologien für synchrone sowie asynchrone Kommunikation existieren. Diese sind in ihrem Einsatz nicht ausreichend auf die Bedingungen der globalen Produktentwicklung eingestellt.

Deshalb wurde ein Konzept zur Unterstützung von Kommunikationsprozessen entwickelt. Das „Product Communication Model (PCM)“ stellt ein geometrisches Kommunikations- und Informationsmodell dar, das als „Fortschrittsmodell“ asynchrone wie auch synchrone Kommunikationsprozesse formalisiert, soziale Kontextinformationen zum verteilten Produktentwicklungsprojekt nutzt sowie zur Langzeitarchivierung der Gesprächsergebnisse geeignet ist. Das PCM wurde anhand der empirisch ermittelten Anforderungen generiert und in einem UML-Diagramm modelliert.

Durch die Visualisierung des Entwicklungsgegenstandes bietet sich im Entwicklungsgespräch an, im Team ein „Common ground“ zu etablieren. Genutzt wird in dieser Arbeit die PMI (Product Manufacturing Information) Technologie als textueller Informationsaustausch innerhalb von 3D-CAD-Modellen. Durch die Integration der 3D-Modelle inklusive Kommentare in ein offengelegtes Format sowie Nutzung von web2.0–Technologien kann der etablierte Kommunikationsprozess zum Wissenstransfer in globalen Entwicklerteams genutzt werden.

Zum derzeitigen Zeitpunkt beschäftige ich mich mit der Implementierung eines Prototyps des PCMs. Dazu werden Annotations-Funktionen im 3D-CAD-Programm CATIA V5 benutzerdefiniert semantisch erweitert, eine Verknüpfung von Annotationen aus dem 3D-Modell zu 3D-PDF Dokumenten erstellt, ein Freigabezyklus der Annotationen erstellt und eine Rückführung ins Modell realisiert sowie in einem semantischen Wiki gespeicherte Kontextinformationen genutzt. Im Anschluss folgt die Überprüfung der Tragfähigkeit meines Konzeptes anhand eines Beispiels.

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